Das war die DACH-Tagung in Salzburg!
Authentisches Christsein
im medizinischen Alltag, 26./27.10. 2017
(Vor-DACH-Seminar – Saline Process)
BEZIEHUNGSweise – Interaktion im medizinischen Alltag, 27.-29.10. 2017
(Haupt-DACH-Tagung)
Gemeinsam mit unseren deutschsprachigen Partnerorganisationen aus Deutschland (ACM) und der Schweiz (AGEAS und VKAS) veranstalteten wir die zweite christliche DACH-Ärztetagung. Mit Tagesgästen waren an die 170 Teilnehmer anwesend, auch ca. 20 Kinder wurden durch ein Team von Schloss Klaus betreut.
NACH-HÖREN
Inhalt:
Vorträge von Prof. Eckstein
Weitere Vorträge und PowerPoint-Präsentationen von Dr. Schwalb und Dr.Walter Neubauer.
(Die Aufnahmequalität dieser beiden Vorträge ist leider trotz Bearbeitung nicht gut.)
NACH-LESEN
Zusammenfassung:
Dr. Eckhard Piegsa,
Oberarzt in der Klinik für Kinder und Jugendmedizin Delmenhorst
und Präsident der ACM
hat folgenden Tagungsbericht verfasst:
beziehungsweise – Interaktion im medizinischen Alltag
Zu diesem Thema trafen sich rund 170 Teilnehmer der 2. „D-A-CH-Tagung“ der christlichen Medizinerarbeiten in Deutschland, Österreich und der Schweiz in Salzburg, um Hilfestellung für den eigenen Umgang mit Menschen zu bekommen. Dabei haben wir gedanklich einen Bogen geschlagen.
Hans-Joachim Eckstein zeigte auf, dass wir zwar „Auf Beziehung angelegt“ sind, zugleich aber in unserer Geschöpflichkeit schon die Spannung zwischen Bestimmung und Alltagserfahrung enthalten ist. Der Mensch ist nicht geschaffen, um Individuum zu sein, sondern Gegenüber. Daher wird Menschsein in Beziehung konstituiert. So wie der Mond seine besondere Leuchtkraft nicht aus sich selbst bezieht, sondern indem er den Glanz der Sonne widerspiegelt, so liegt das Geheimnis unserer eigentlichen Identität im Bezogensein auf Gott. Und während in der Antike der Eros für die Zuwendung zum Anderen um seiner Attraktivität willen steht, begegnet uns in Jesus Christus die Agape Gottes als unkonditionierte, bedingungslose Annahme. Gott liebt uns nicht, weil wir liebenswert oder -würdig wären, sondern um unserer selbst willen. Aus biblischer Sicht ist Beziehung ein Geben und Nehmen im Miteinander, das uns größer macht als wir allein wären. Dabei geht es nicht um altruistische Selbstaufopferung, sondern um eine Selbstentfaltung, die immer Du- und Wir-orientiert ist: Sich trösten und annehmen lassen – und zugleich fähig werden, andere zu trösten und anzunehmen. Im Neuen Testament beginnt Beziehung nicht mit Moral und Appell, weil das Geschöpf eben nicht in der Lage ist, die eigene Bestimmung zu erfüllen. Wir können Liebe nicht produzieren, sondern nur reflektieren. Vor der Beziehungsfähigkeit kommt die Beziehungsgewissheit, die aus der Beziehungswirklichkeit und der Beziehungserfahrung entspringt. Dies alles wird uns in Jesus Christus zuteil.
Andrea Schwalb ging der Frage nach, ob wir „Beziehungsfähig?!“ sind, indem sie uns Grundlagen und Störungen von Bindung anhand der frühkindlichen Entwicklung erläuterte. Bindung ist ein emotionales Band, das sich über das ganze Leben gestaltend erhält und in einer tiefen und überdauernden Verbindung zwischen einem Kind und seiner Bezugsperson wurzelt. Dabei steht das Bindungssystem im Gegensatz zum Erkundungssystem. Nur wenn ein Kind der sicheren Bindung gewiss ist, kann es die Welt erkunden. Als genetisch angelegtes, biologisches System vermittelt Bindung Schutz und Sicherheit, Zuwendung und Kontakt. Für die Entwicklung sicherer Bindung sind einerseits Kompetenzen des Säuglings wichtig, die die Bezugsperson zum Handeln motivieren; so bei der Nahrungsaufnahme, dem Initiieren von Kontakt und dem Lernen durch Imitieren. Andererseits ist die Reaktion der Bezugsperson entscheidend, damit das Kind Sicherheit erfährt. Zudem werden über die Funktion von Spiegelneuronen Kinder traumatisiert, wenn sie Gewalt zwischen den Eltern erleben. Bindung erfolgt in den ersten 18 Lebensmonaten im wesentlichen nonverbal, wird geprägt durch Verhalten, Rhythmus, Sprache, Blickkontakt und Berührung. Sie bedarf der Feinfühligkeit auf Seiten der Bezugsperson mit einer guten Wahrnehmung der Signale und Bedürfnisse des Kindes, einer richtigen Interpretation derselben und einer angemessenen und prompten Reaktion. Dabei besteht gerade in den ersten 3 Lebensjahren eine hohe Verletzlichkeit für diese gesunde Entwicklung, woraus statt einer sicheren Bindung eine unsicher-vermeidende, eine unsicher-ambivalente oder eine desorganisierte Bindung entstehen kann mit z.T. lebenslangen Folgen. Eine Heilung dieser Störungen ist möglich durch neue Bindungserfahrungen in Partnerschaft, sozialem Umfeld, Glauben und Psychotherapie.
Walter Neubauer nahm „Beziehungskonflikte“ in den Blick und bezeichnete dabei das Missverständnis als den Normalfall der Kommunikation, da die Bedeutung des Gesagten immer vom Empfänger der Botschaft bestimmt wird. Er entfaltete das Konzept der „Gewaltfreien Kommunikation“ nach M. Rosenberg als einen Weg, Konflikte zu vermeiden oder aufzulösen. Grundlage dieses Konzeptes sind Wertschätzung, Mitgefühl und Echtheit in der Beziehung. Auf dieser Basis kann man bei potenziellen Konflikten nicht-wertend kommunizieren, indem eine Beobachtung statt einer Bewertung, ein Gefühl statt Gedanken, ein Bedürfnis statt einer Strategie und eine Bitte statt einer Forderung formuliert wird. Ziel ist es, beim Gegenüber und sich selbst in der Kommunikation nicht die „Schuldohren“ zu bedienen, sondern die „Verständnisohren“. Auch mit sich selbst kann und sollte man lernen, gewaltfrei zu kommunizieren.
„Beziehungsstörungen“ betrachtete Raphael Bonelli am Beispiel von Narzissmus und Perfektionismus. Die Psychotherapie sei heute über die Beobachtungen und Thesen von Siegmund Freud hinausgeschritten, der als Materialist den Menschen auch in seiner seelischen Verfassung stark mechanisiert habe. Heute herrsche eher das Bild eines Dreiklangs vor. Der Mensch könne zwischen Bauchgefühl, welches für Lust und Unlust stehe, Kopf, der vernünftig und unvernünftig bzw. nützlich und nicht nützlich abwäge, und Herz oder Wille, der gut und böse unterscheide, sein Handeln bestimmen. Dabei komme es neben dem genetisch definierten Temperament auf den Charakter und die Persönlichkeit des Menschen an. Der Charakter sei bestimmt durch innere Ordnung, Beziehungsfähigkeit und Selbsttranszendenz des Menschen, die Persönlichkeit durch das Wechselspiel von Temperament und Umgebung. Narzissmus und Perfektionismus stellen Beziehungshemmnisse dar. Perfektionismus sei ein angstbestimmtes Vermeidungsverhalten, dass der Ichhaftigkeit entspringe und zum Ziel habe, Kritik an der eigenen Person zu vermeiden. Narzissmus sei ein selbstverliebtes Kreisen um sich selbst, das mit Selbstidealisierung, Entwertung anderer Menschen und fehlender Selbsttranszendenz einhergehe. Beziehungsfähigkeit wachse, wenn wir wegkommen vom Ich und hinkommen zum Du. Hierfür sei Selbsttranzendenz entscheidend, da wahres Menschsein immer über sich selbst hinaus weise und die Bestimmung des Menschen nicht darin liege, gefeiert und bestätigt zu werden, sondern zu dienen. Bonelli bezeichnete dabei die Religion als Königsdisziplin der Selbsttranszendenz.
Um „Heilung von Beziehungen“ ging es in der Predigt von H.-J. Eckstein anhand Joh. 13,1-11+34-35. Jesus wurde nicht müde, seine Jünger durch Beziehung beziehungsfähig zu machen. Er musste sie aus Beziehungen heilen, da sie eine Vergangenheit hatten, aus der sie befreit werden mussten. Dies geschah durch Berührung, Begegnung und Beziehung: Wir können aus Beziehungen nur durch Beziehung geheilt werden. Da unsere Vergangenheit unsere Gegenwart bestimme, brauchen wir eine versöhnte Vergangenheit, um die Zukunft leben zu können. Erst wenn unsere Vergangenheit erlöst ist, können wir Zukunft deuten. Darum mache das Johannes-Evangelium deutlich, dass wir „von Gott geboren“ sein müssen. Im Glauben zu gesunden bedeute, eine neue Herkunft geschenkt zu bekommen – im Kontrast zu unserer biographischen Erfahrung. Die Liebe Jesu zeige sich besonders in 3 Punkten.
1. Jesus war in einmaliger Weise beziehungsfähig bis ans Ende. Sein Leben diente dazu, den Vater zu verherrlichen. Er transzendierte sich selbst auf Gott hin und verweigert es, seine Person und Identität in Unabhängigkeit vom Vater zu sehen. Wer sich an Gott verliert, der findet sich selbst – und wer in Gott seine Mitte findet, hat sich ganz gefunden.
2. Jesus hat die Beziehung, die er zum Vater lebte, auf die Menschen bezogen gelebt. Wer ganz bei Gott ist, der geht zu den Menschen. Der Frau am Jakobsbrunnen z.B. begegnet Jesus schwach, weich, auf Augenhöhe und mit einer Bitte – und sagt ihr zu, dass das Wasser, welches er gibt, ins ewige Leben quillt. So ist Christsein nicht ein Leben für Christus, sondern ein Leben mit und durch Christus. Er ist die Quelle, die in uns lebt und durch uns sprudelt.
3. Weil Jesus uns liebt, kann er uns das neue Gebot der Liebe geben. Weil er in Gestalt des Heiligen Geistes zu uns kommt, können wir miteinander lernen, Gottes vollkommene Liebe zu leben. Dies gelingt nicht aus uns selbst, sondern nur als Rebe am Weinstock – aus der völlig erfüllenden Christusbeziehung. Darin wird schon jetzt die Ewigkeit deutlich.
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